Bundesverfassungsgericht verwirft Richtervorlagen zu Cannabisverbot – Fazit zur Begründung
Richtervorlagen zum Cannabisverbot abgewiesen – die Begründung
“Unzulässige Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot”
Am Morgen des 11.07.2023 wurde eine lang ersehnte Entscheidung in der verfassungsrechtlichen Bewertung des Cannabisverbots veröffentlicht.
Das den Absatz einleitende Zitat betitelte die Pressemitteilung.
Nur wenige Augenblicke um Unverständnis, Ratlosigkeit & ein tiefes Missverständnis bei Lesern mit Cannabisaffinität.
“Es fehlt an einer substantiierten Darlegung rechtserheblicher Änderungen der Sach- und Rechtslage, welche geeignet sind, eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung der mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 (BVerfGE 90, 145 ff.) entschiedenen Vorlagefragen zu veranlassen.”
Kritisiert wird im zitierten Abschnitt die dem BVerfG nach nicht ausreichend erbrachte Darlegung, der seit 1994 veränderten Rahmenbedingungen um eine erneute Begutachtung vorzunehmen.
Somit wird auf formellem Weg, ohne ein definitives Urteil zu sprechen die jetzt seit Jahren andauernde Verfassungskampagne zum Cannabisverbot vorerst gebremst.
Die in den Richtervorlagen dargelegten Begründungen enthalten die eine Zusammenfassung des Sachstands Cannabis auf über 40 Seiten.
Was ist seit 1993 alles passiert?
In der Richtervorlage vom AG Bernau aus 2020 (Richter Müller) wird explizit auf veränderte Studienlage, Internationale Erfahrungen, Cannabis als Medizin uvm. eingegangen.
So werfet an dieser Stelle ruhig mal einen gemütlichen Blick in die besagte Richtervorlage hier: https://hanfverband.de/files/vorlagebeschluss_20_04_2020_amtsgericht_bernau.pdf
Ab Seite 11 “Neue entscheidungserhebliche Tatsachen” wird der Einzelnachweis zu den uA aufgezählten Themen geführt auf entsprechend dutzenden Seiten.
Warum das alles so hingenommen wird.
Was hat das BVerfG 1994 zum Cannabisverbot geurteilt?
Das Bundesverfassungsgericht urteilte 1994 entsprechend der nachfolgend herauszitierten Leitsätze des Urteils.
Urteilsleitsätze:
BVerfG urteilt 1994 – zu Art. 2 Grundgesetz & kein Recht auf Rausch!
- “1. a) Für den Umgang mit Drogen gelten die Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG. Ein “Recht auf Rausch“, das diesen Beschränkungen entzogen wäre, gibt es nicht.”
Das heute noch oft erwähnte Recht auf Rausch ist 1994 vom BVerfG nicht bestätigt worden.
Ein Irrglaube der so bisher nie verfassungsrechtlich bestätigt wurde.
Andere Teile des 1994’er Urteils zum Cannabisverbot sind in der aktuellen Betrachtung von Relevanz. - “b) Die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, die den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten mit Strafe bedrohen, sind im strafbewehrten Verbot am Maßstab des Art. 2 Abs. 1, in der angedrohten Freiheitsentziehung an Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen.”
Und was sagt Art. 2 GG (Grundgesetz)?
“Art 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.”
Basierend dieser Grundsätze wurde Cannabis in den Anfängen des Verbots der damalige Kenntnislage zu den Risiken von Cannabis als Droge nach, entsprechend anderer Drogen kategorisch strafrechtlich verboten & die Gesetze konsequent umgesetzt.
Die Entscheidungsgrundlage insbesondere basierend des intl. Einflusses der USA, die mit heute nachweislichen Hetzkampagnen Propaganda gegen Cannabis verbreitete, mag in der Betrachtung damals gegolten haben.
Und 1994?
Bereits 1994 wurden wissenschaftliche Erkenntnisse zum realen Gefahrenpotential von Cannabis als Droge zum damaligen Zeitpunkt, bereits in Teilen anerkannt.
Inwiefern dann die auf über 60 Seiten aufgezeigten Erkenntnisszugewinne zu Cannabis als Droge in allgemeiner Faktenlage, Studien, Internationale Entwicklungen und Cannabis als Medizin nicht ausreichen um eine neue Bewertung vom BVerfG zu rechtfertigen… man kann es nicht nachvollziehen.
BverfG zu Cannabisverbot & Grundgesetz in 1994
- “2. a) Bei der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geforderten Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des erstrebten Zwecks sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann.
- b) Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt werden (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Die Prüfung an diesem Maßstab kann dazu führen, daß ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel des Rechtsgüterschutzes nicht angewandt werden darf, weil die davon ausgehenden Beeinträchtigungen der Grundrechte des Betroffenen den Zuwachs an Rechtsgüterschutz deutlich überwiegen, so daß der Einsatz des Schutzmittels als unangemessen erscheint.”
Hier wird damals auf die grundsätzlich korrekte Einschätzung bezüglich den Grundsatzpflichten der verfassungsrechtlichen Organe bezüglich der Abwägung des “Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne” im zeitgemäßen Überprüfungsansatz hingewiesen, das aber wieder relativiert durch den folgenden Leitsatz Nr. 3.
BVerfG Urteil zu Einstellungsmöglichkeiten nach §31a BtMG “geringe Menge” und §153 StPO in 2023 immernoch nicht befolgt und umgesetzt von Justiz
- “3. Soweit die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes Verhaltensweisen mit Strafe bedrohen, die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind, verstoßen sie deshalb nicht gegen das Übermaßverbot, weil der Gesetzgeber es den Strafverfolgungsorganen ermöglicht, durch das Absehen von Strafe (vgl. § 29 Abs. 5 BtMG) oder Strafverfolgung (vgl. §§ 153 ff. StPO, § 31a BtMG) einem geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu tragen. In diesen Fällen werden die Strafverfolgungsorgane nach dem Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen haben.”
Hier wird die Möglichkeit zum Absehen von Strafe nach §29 BtMG Abs. 5 erwähnt:
“(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.”
Die Grundsätzlich Möglichkeit zur Einstellung der Strafverfahren genügte 1994 also, die allgemeine Verfassungswidrigkeit des Cannabisverbots als nicht gegeben abzuurteilen.
Nachfolgend wird auf die in der Strafverfolgung relevanten “Werkzeuge” eingegangen, die diesen Grundsatz gewähren sollen.
Während das BVerfG in §31a BtMG die “geringe Menge” abweichend je Bundesland meint, in §153 StPO jedoch weiter geht auf “Delikte” bis 1Jahre Freiheitsstrafe umfassend Anbau, Besitz, Handel etc umfassen und damit Einstellungsmöglichkeit bei Cannabisverfahren über die geringe Menge von ein paar Gramm hinaus bietet.
BVerfG bewertet 1994 Cannabis als gleich schädlich wie Alkohol oder Nikotin
- “4. Der Gleichheitssatz gebietet nicht, alle potentiell gleich schädlichen Drogen gleichermaßen zu verbieten oder zuzulassen. Der Gesetzgeber konnte ohne Verfassungsverstoß den Umgang mit Cannabisprodukten einerseits, mit Alkohol oder Nikotin andererseits unterschiedlich regeln.”
Das BverfG bewertete Cannabis 1994 als potentiell gleich schädlich wie Alkohol oder Nikotin, die angeführt werden um die Realitsabweichende Situation des strafbewährten Cannabisverbots darzulegen.
Auf der einen Seite die legalen Drogen, welche widerrum zusammen jährlich über 100000 Menschen an den Folgen des (übermäßigen) Konsums versterben lassen, und dem nachweislich risikoärmeren Cannabis auf der anderen…und das bei aktueller Studienlage etc. in den Anträgen nochmals explizit mit Erkenntnissen, UN Berichten etc. seit 1994 versehen.
Vielen Dank für Eure Zeit 🙂
- Abschaffung Cannabisgesetz – CDU/CSU für Rekriminalisierung von Millionen
- Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz – erweiterte Cannabiskonsumverbote in Bayern
- Cannabis Samen – Überblick über die Sortenvielfalt am Markt
- Änderungen am Cannabisgesetz & THC-Grenzwert im Straßenverkehr verabschiedet im Bundestag
- Cannabis Anbau organisch – welche Vorteile bietet natürliche Pflanzenversorgung?
Du bist auf der Suche nach hochwertigen organischen Düngern, Zusätzen und Substraten?
Zu den Produktkategorien, auf Bild klicken